Liebe Freund*innen, Unterstützer*innen & Leser*innen,

mit dem unten stehenden Abschlussbericht wollen wir über unsere Tätigkeiten als Kölner Spendenkonvoi während der Hilfsfahrt
von Dezember 2019 bis Januar 2020 im Kanton Una-Sana in
Bosnien berichten. Wir möchten gleich zu Beginn erwähnen, dass diese Spendenfahrt ohne die überwältigende Unterstützung durch Sach- und Geldspenden nicht möglich gewesen wäre. Daher richtet sich dieser Abschlussbericht mit einer großen Portion Dankbarkeit an all unsere Unterstützer*innen, die neben der Spende uns auch ihr Vertrauen schenkten, dass wir die Spenden sinn- und verantwor- tungsvoll einsetzen werden. Der Bericht soll demnach Rechenschaft über unsere Tätigkeit ablegen und transparent darstellen, wie wir das Geld- und die Sachspenden eingesetzt haben. Neben dem Abschlussbericht finden sich Auszüge aus der fotografischen Dokumentation von Giorgio Morra, der als Fotojournalist die Reise bildreich begleitet hat.

Ab Seite 23 befindet sich ein detaillierter Spendenbericht und abschließend auf Seite 28 eine Übersicht unserer Unterstützer*innen.

Mit vielen & dankbaren Grüßen,

Trixi Haller, Danija Krieg, Lisa Jungkamp, Benedikt Rhiel, Giorgio Morra, Lukas Rick, Moritz Rüger, Jonathan Sieger

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Leser*Innen,

wir erleben gerade den Anfang einer der vermutlich existenziellsten Krise seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Wir machen uns, völlig zu Recht, Sorgen um alte Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, Freiberufler*innen, Angestellte und die Schwächsten unserer Gesellschaft. Neben diesen ernst zu nehmenden Sorgen entwickelt sich aber auch ein gesellschaftlicher Konsens: das Gebot der Stunde ist Solidarität!

Solidarität mit den Menschen, die einer Risikogruppe angehören, mit den Menschen, die durch diese Krise ihr Einkommen verlieren und vor allem mit den Menschen, die Tag um Tag für uns in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und an der Supermarktkasse im Einsatz sind.

Deshalb gilt: Aus Solidarität sollten wir zuhause bleiben und alle nicht nötigen Kontakte vermeiden! #flattenthecurve

Für einen Großteil von uns sind dies relativ leicht einzuhaltende Regeln, doch was, wenn man kein Zuhause hat, in das man sich zurückziehen kann? Was, wenn die Corona-Pandemie nur die zweite oder dritte Krise ist, die zur bestehenden Krisensituation hinzukommt? Was, wenn das Coronavirus auf fehlende Hygiene, Krätze, Infektionen und Kälte bei hunderten, tausenden Menschen trifft, die auf engstem Raum zusammen ausharren?

Situation in Bosnien an der EU-Außengrenze

Aber es braucht keine Epidemie in den Lagern und Schlafstellen, um die ohnehin furchtbare Situation weiter zu verschlechtern: Allein das Schließen aller europäischer Grenzen und das Scheitern des Türkei-Deals haben die Lage an den europäischen Außengrenzen und auf den griechischen Inseln dramatisch verschärft. Nahezu alle internationalen Helfenden sind auf Grund der Reisewarnungen in ihre Heimat zurückgekehrt, sodass die volle Last nun auf den Schultern der wenigen, überarbeiteten, lokalen Helfer*innen liegt.

Wir sind in ständigem Kontakt mit den Helferinnen und Helfern an der bosnisch kroatischen Grenze, die wir im Januar in Velika-Kladusa und Bihac kennen gelernt haben. Wenn wir schon damals von den Verhältnissen schockiert waren und uns Sorgen um ihre psychische und physische Gesundheit gemacht haben, hat sich die Situation nun abermals dramatisch verschlechtert.

Es kommen tagtäglich immer mehr Menschen in Bosnien an, aber kaum einer gelangt in den Schengenraum. Sie werden fast alle abgefangen, illegal und teilweise unter brutaler Gewaltanwendung zurück über die bosnische Grenze abgeschoben. Immer mehr Menschen berichten von illegalen Abschiebungen, die nicht nur durch die kroatische Polizei verübt werden, sondern selbst von Slowenien und Italien nach Bosnien geschehen.

Die offiziellen Lager in Bosnien waren schon während unseres Besuchs im Januar überfüllt und Hunderte gezwungen in leerstehenden Häusern, Zelten und Ruinen zu überleben. Durch die rasant ansteigende Zahl der Flüchtlinge ist die Situation zur Katastrophe geworden. Die fehlende internationale Hilfe zeigt sich schon jetzt in immer größer werdenden Engpässen bei der Versorgung mit den nötigsten Lebensmitteln. Es kommt zu Auseinandersetzungen um das Wenige, das die Helfenden zur Verfügung stellen können.

Selbst Trinkwasser ist knapp. Viele Geflüchtete sind gezwungen, sich aus den schmutzigen Abwasserflüssen zu bedienen. Durch die verhängte Ausgangsbeschränkung in Bosnien gibt es keine offiziellen Möglichkeiten mehr den Menschen zu helfen. Die wenigen lokalen Helfer*innen versuchen mit ihren bescheidenen Mitteln, die Not ein klein wenig zu lindern.

Unsere Unterstützung – über geschlossene Grenzen

Im Januar haben wir auf unserer Fahrt nach Bosnien gezielt nach lokalen Helferinnen und Helfern gesucht, die wir auch in Zukunft von Deutschland aus unterstützen können. Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass diese Unterstützung die nachhaltigste Art der Hilfe ist, die wir leisten können.

Und genau diese lokalen Aktivist*innen und „Grass root“-Organisationen wollen wir nun in dieser Ausnahmesituation weiterhin finanziell begleiten, um Essen, Kleidung und medizinische Versorgung bereitzustellen.

Unsere Solidarität kann auch geschlossene Grenzen überbrücken!

Wenn Ihr spenden wollt, könnt Ihr das hier tun.

Wieder in Bosnien, wieder in Velika Kladuša und Bihać. Die Straßen, Geschäfte und der Gebirgsfluss Una, wecken Erinnerung an unsere Hilfsfahrt im letzten Jahr. Heute wie damals wollen wir den gestrandeten Geflüchteten auf der Balkanroute im Kanton Una Sana helfen. 

Was im Vergleich zu letztem Jahr unverändert bleibt, ist die Verzweiflung der Geflüchteten, die hier stranden. Nach ihrer meist jahrelangen Flucht werden die Menschen an der Außengrenze der EU brutal gestoppt. Brutal deswegen, weil die kroatische Polizei die Geflüchteten immer wieder misshandelt, ihre Smartphones, die der Navigation dienen, zerstört und Schuhe und Rucksäcke vor ihren Augen verbrennt. 

Was sich verschlimmert hat, ist, dass die Abneigung vieler Einheimischer gegenüber den Geflüchteten gewachsen ist. Im letzten Jahr haben wir noch eine große Hilfsbereitschaft wahrgenommen. Viele Bosnier*innen unterstützten die Geflüchteten, auch wenn sie oft selbst wenig besitzen. Ein Jahr später macht sich zunehmend Frust breit. Frust über die EU-Politik, die illegalen Abschiebungen nach Bosnien und die steigende Zahl von Geflüchteten, die in leerstehenden Häusern, im Wald und in Ruinen leben, weil die offiziellen Lager überfüllt sind. 4.000 Lagerplätzen stehen geschätzt 10.000 Geflüchtete gegenüber.

Die Una der namensgebende Fluss für den Kanton bei Morgennebel.
In den Morgenstunden liegt die Temperatur weit unter dem Gefrierpunkt. © Giorgio Morra

Situation der Geflüchteten

Im Sommer hatten die örtlichen Behörden begonnen, Migranten aus dem Stadtgebiet auf die Mülldeponie Vučjak zu deportieren. Dort entstand ein improvisiertes Camp, in dem es an allem fehlte: An sanitären Einrichtungen, Verpflegung, medizinischer Versorgung und Elektrizität. Von Beginn an war das Camp ein humanitäres Desaster. Nachdem die Situation sich mit dem einsetzenden Winter immer mehr verschärfte, wurde das Lager Anfang Dezember endlich geschlossen. Die Schließung hatte jedoch nicht nur positive Folgen.

Den kalten Temperaturen fast vollständig ausgeliefert.
In einem verlassenen Fabrikgebäude haben die Menschen Zuflucht gesucht © Giorgio Morra

Nur ein Teil der Menschen, die in Vučjak untergebracht waren, ist mit den Bussen der Behörden in die neu eröffneten Lager in der Nähe der bosnischen Hauptstadt Sarajevo gebracht worden. Ziel der Geflüchteten ist die EU, weil sie hoffen, dort eine Chance auf Schutz vor Verfolgung und auf ein menschenwürdigeres Leben zu haben. Die neuen Lager bei Sarajevo sind 300 km weiter im Landesinneren und damit weit von der kroatischen Grenze entfernt. Die Lager der International Organization for Migration (IOM), im Una-Sana Kanton sind überfüllt. Viele der Migranten entscheiden sich, trotz des bedrohlichen bosnischen Winters im Norden Bosniens zu bleiben.

Geflüchtete in einer Industrieruine am Rande von Velika Kladuša © Giorgio Morra

Obdachlose Geflüchtete sind im Stadtbild von Velika Kladuša und Bihać überall präsent. Für die, die ohne Obdach sind und auf der Straße, in Industrie-Ruinen, verlassenen Rohbauten ohne Türen und Fenster oder zu Wuchermieten in unbeheizten Wohnungen hausen, wird der bosnische Winter zur lebensbedrohlichen Gefahr.

Die Flüchtlinge sind auf die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung angewiesen. Schon jetzt können die wenigen privaten Helfer*innen den Bedarf an Unterstützung nur in Bruchteilen abdecken und arbeiten selbst oft am Rande der Erschöpfung. Wenn der Winter vorbei ist, ist zudem damit zu rechnen, dass viele Migranten zurück in das grenznahe Una-Sana-Kanton strömen, um zu versuchen, die Grenze zur EU zu überqueren und sich die Lage weiter zuspitzt.

Viele der geflüchteten Menschen leben in ständiger Angst, wieder von den örtlichen Behörden vertrieben zu werden. Als wir zum Abendessen bei einer Gruppe Pakistani eingeladen sind, die das Glück haben, in einem kleinen Haus ohne Heizung in der Stadt leben zu können, erzählt uns ein junger Mann, dass sie Angst haben, das Haus zu verlassen. Sie befürchten von Spezialkräften der bosnischen Polizei misshandelt und verjagt zu werden. „They beat us like animals. They don’t talk to us, they just beat. We are no animals. How can they not see that?“, fragt der junge Mann mit Tränen in den Augen. Er erzählt, dass sein kleiner 14-jähriger Bruder oft weint. Er möchte raus spielen, Sport machen und zur Schule gehen. Stattdessen ist er gezwungen untätig in einer ungeheizten Wohnung auszuharren. In ständiger Angst, dass ihnen auch diese Wohnung nicht sicher ist.

Trotz der kalten Nachttemperaturen gehen viele der jungen Männer, aber vereinzelt auch ganze Familien immer wieder „on the Game“. So nennen sie die Versuche, die kroatische Grenze, die auf dem verschneiten Grat der Berge um Bihać verläuft, zu überqueren und sich über Slowenien nach Triest oder Österreich durchzuschlagen.

Das „Game“ ist nicht nur auf Grund der eisigen Temperaturen ein gefährliches Unterfangen. Die kroatische sowie die slowenische Polizei fängt den größten Teil der Flüchtenden in den Bergen und Wäldern im Grenzgebiet ab, packen sie in Transporter und fahren sie zurück an die bosnische Grenze, wo sie dazu gezwungen werden, die EU wieder zu verlassen. Oft geschieht dies mit Gewalt. Die zahlreichen Verletzungen, mit denen die Geflüchteten vom „Game“ zurückkehren sprechen eine eindeutige Sprache. Die Helfer haben es hier vor allem mit Blutergüssen, Platzwunden und Knochenbrüchen zu tun, die als das Werk von Polizeiknüppeln zu erkennen sind.

Situation der Helfenden

Unsere Arbeit fokussiert sich auf die Unterstützung von lokalen Helfer*innen. Es sind die wahren Held*innen in einer ansonsten ruhmlosen Zeit, die sich auch noch dann für Geflüchtete einsetzen, wenn die Journalist*innen nicht mehr über die Situation auf dem Balkan berichten werden und internationale Helfer*innen, wie wir, wieder nach Hause gefahren sind. Die wenigen übrig gebliebenen Helfer*innen arbeiten derzeit jenseits ihrer Belastungsgrenze.

Sie sind oft die letzte Anlaufstelle für die Migrant*innen, denn außerhalb der offiziellen Lager gibt es keine Unterstützung der Menschen. Es gibt keine Möglichkeit, sich zu waschen, warme Kleidung, Schlafsäcke oder gar Essen zu erhalten. Öffentliche Wohlfahrtseinrichtungen sucht man umsonst. Bosnien befindet sich weit abgeschlagen von der Prosperität der Europäischen Union. Das Durchschnittseinkommen beläuft sich auf 405 Euro Brutto monatlich. Umso tragischer ist, dass die Hilfe für Geflüchteten hauptsächlich von bosnischen Privatpersonen abhängt.

Im bosnischen Kanton Una Sana, der am stärksten von der Flüchtlingskrise betroffen ist, heizt sich zusätzlich die Stimmung gegen die Migranten zunehmend auf. Lokale Politiker wettern gegen die Abschottungspolitik der EU, aber auch gegen die Migranten selbst und ihre Helfer*innen. Mit dem aufflammenden Hass gegen die Migranten schmilzt der Kreis der Helfer*innen. Der Ton wird rauer und die Arbeit für die lokalen Helfer*innen zunehmend gefährlicher.

In den zwei Wochen, die wir da sind, versuchen wir den Helfer*innen unter die Arme zu greifen. Nach 1,5 Jahren Akkordarbeit wollen wir Ihnen eine kurze Atempause ermöglichen, wobei dies kaum möglich ist. Es sind zu wenige Helfer*innen und zu viele Bedürftige.

Das Arbeiten wird immer schwieriger. Essens- und Kleiderausgaben müssen meistens im Schutz der Dunkelheit passieren. Die Polizei schikaniert die Hilfe und versucht, sie ohne Anlass zu unterbinden. Das Problem: Die Temperaturen sind zu niedrig, warme Einrichtungen nicht vorhanden und die meisten Migranten nach ihrer mehrjährigen Flucht mittellos, um sich Essen und Getränke selber zu kaufen. Deshalb machen sie unermüdlich weiter.

Es sind diese rührenden Geschichten, wie beispielsweise die von Zehida, die jede freie Minute außerhalb ihrer Lehrertätigkeit für die Migranten opfert. Ihr bescheidenes Gehalt von umgerechnet ca. 450 Euro gibt sie für das Essen der Migranten aus. Ihr Wunsch: Die Menschen sollen den Winter überleben und sie weiß, dass es dafür auf sie ankommt.

Beim Vorbereiten von einer Essenauslieferung für die Menschen in den inoffiziellen Camps. © Giorgio Morra

Sogar Hilfen, wie die eines Barbesitzers, der in seiner Bar Migranten sich aufwärmen lässt, günstigen Tee verkauft und sie ihre Smartphones aufladen lässt, wird von den Behörden schikaniert. Fast wöchentlich kommen Strafzahlungen für die aberwitzigsten Dinge. Die einzige Möglichkeit, weitere Strafen zu umgehen, wäre es den Kollegen gleich zu tun und ein Schild mit dem Satz an die Tür zu hängen, den man mittlerweile häufig ließt: „Entry for migrants forbidden“. Der Barbesitzer ist ein pensionierter Polizist und Soldat mit kleiner Rente. Trotz Geldschulden und der Last der Verfahren, kämpft er stoisch weiter.

Die Lage in Bosnien hat sich seit letztem Jahr dramatisch verändert. Wer jetzt noch hilft, lebt mit einem enormen Risiko. Die Menschen werden ohne Anlass von der Polizei kontrolliert, in den Sozialen Netzwerken diffamiert und immer häufiger auch öffentlich auf der Straße angegangen.

Es ist zu befürchten, dass die feindselige Haltung gegenüber den Migranten in Zukunft immer häufiger in offenen Hass mündet. Außerhalb der kleinen Helferszene begegnen uns vor allem skeptische bis feindliche Stimmen gegenüber den Geflüchteten und den Menschen, die sich dafür einsetzen, die unmittelbare Not zu lindern. Langsam wird auch den politischen Stimmen, die gegen die Geflüchteten und die wenigen verbliebenen Helfer wettern, vermehrt Gehör geschenkt. Aus Verzweiflung wird Hass.

Zusammenfassung unserer Arbeit

Wir haben in der vergangenen Woche, die wir bereits vor Ort sind, weit mehr als sechzig verschiedene Kontakte und Interviews mit Geflüchteten, Einheimischen und Helfern gehabt. Unser Eindrücke von der Lage vor Ort sind chaotisch. Die Bosnischen Behörden scheinen überfordert. Es fehlt offenbar eine ganzheitliche Strategie, wie die Menschen menschenwürdig untergebracht werden können. Anstelle dessen tritt eine brutale Abschreckungspolitik. Was dann aber mit den auf der Flucht gestrandeten Menschen passieren soll, bleibt unklar. Ohne die private Hilfe gäbe es bei den kalten Temperaturen, der fehlenden medizinischen Versorgung und dem fehlenden Zugang zu Nahrung schnell noch mehr Todesopfer als die, die schon jetzt immer wieder zu beklagen sind. Anscheinend wird dies jedoch billigend in Kauf genommen.

Der Fokus unserer Arbeit liegt daher darauf, die Arbeit der Helfer*innen vor Ort zu unterstützen. Dies bedeutet, dass wir beispielsweise mit ihnen gemeinsam in kalte Ruinen gehen, wo wir Menschen vorfinden, diese mit Kleidung und Nahrung auszustatten und -wenn es denn möglich ist- behelfsmäßige Öfen installieren.

Wir wollen an der Stelle nochmal allen Spender*innen danken, die die Arbeit hier vor Ort erst möglich gemacht haben. Für die, die uns noch unterstützen wollen sei angemerkt, dass das Spendenkonto noch bis zum 10.01.2020 geöffnet ist.

In Velika Kladuša (VK) beginnen wir, Kontakt zu den Menschen vor Ort aufzubauen, um uns ein möglichst gutes Bild von der Lage zu machen.

Über Facebook hatte Trixi Kontakt zu SOS Team Kladuša aufgenommen und sich zu einem ersten Treffen im Restoran Baddem vereinbart. Dort treffen wir den Initiator von SOS Team Kladuša.

Im Restoran Baddem © Giorgio Morra

Das Restoran Baddem hat sich zu einem zentralen Treffpunkt für Migranten in VK entwickelt. Während ihnen die meisten anderen Restaurants und Cafés den Eintritt verwehren, finden sie hier einen warmen Ort, an dem sie gemeinsam Zeit verbringen können. Sie bekommen zu trinken und zu essen. Es gibt WLAN und auch die Möglichkeit, Smartphones aufzuladen.

Der Besitzer des Restaurants, ein ehemaliger Polizeibeamter, macht kein großes Aufheben, wenn jemand mal nicht in der Lage ist, seine Rechnung direkt zu bezahlen. Jeder wird hier bedient und er vertraut darauf, dass später irgendwann bezahlt wird. Später erfahren wir, dass die örtlichen Behörden ohne dafür schikanieren. Immer wieder wird sein Restaurant kontrolliert, so dass inzwischen Strafzahlungen von mehreren tausend konvertiblen bosnischen Mark aufgelaufen sind.

Das Baddem ist gleichzeitig informelles Hauptquartier von SOS Team Kladuša. Der Initiator ist dort meist anzutreffen, er ist zu einer zentralen Bezugsperson für viele Migranten geworden. Als wir ankommen, verteilt er gerade alte Smartphones, die er als Spende bekommen hat. Er ist der Erste in einer Reihe von wundervollen Bosnierinnen und Bosniern, die nicht die Augen vor der Not verschließen, sondern unglaubliche Energie in die Arbeit mit den hier gestrandeten Menschen stecken.

Für ihn ist die Unterstützung der Migranten in den letzten Jahren zur Lebensaufgabe geworden. Er verteilt Kleidung, Schuhe, Essen und Medikamente und hat in der Nähe das Baddem eine kleine Ambulanz eingerichtet, wo er kleinere Verletzungen behandelt. Vor allem ist er aber Freund, Ansprechpartner und Streitschlichter.

Nach dieser Begegnung setzen wir uns in der Gruppe zum Ziel, dass wir vor allem diese lokalen Initiativen und Aktiven unterstützen wollen. In den nächsten Tagen werden wir noch mehr dieser Menschen treffen. Allein oder mit nur wenigen Verbündeten lindern sie die Not, die das Versagen der EU-Politik hier in Bosnien auslöst.

https://www.facebook.com/SOSTeamKladusa

Fotos von © Giorgio Morra

Nach den Weihnachtstagen haben wir uns auf den Weg Richtung Bosnien gemacht und uns am 27.12 das erste Mal vollständig in München versammelt. Gestern haben wir zu acht in drei Transporten am Vormittag bei sonnigem Winterwetter die österreichischen Alpen überquert. Die anschließende Fahrt durch Slowenien und Kroatien verlief erstaunlich reibungs- und ereignislos. Die erste und einzige Herausforderung war – wie zu erwarten – das Überqueren der kroatisch – bosnischen Grenze.

Lagebesprechung in Kroatien

Warten in der Kälte

Nachdem wir kurz hinter Karlovac auf kroatischer Seite die Autobahn verlassen, schlängelt sich die enge Landstraße durch die sternenklare Nacht. Ein letzter Anstieg über enge Serpentinen eröffnet uns den Blick auf die hell erleuchteten Zollanlagen und die Schlange der wartenden Autos. Draußen ist es kühl. Die Temperaturen nähern sich seit Sonnenuntergang der Nullgradgrenze. Da die Heizung in „Rusty“ dem rüstigen T4 von Trixi und Jonathan, in dem ich sitze, ausgefallen ist, ziehen wir unsere Jacken fester um uns und warten bei laufendem Motor. Während wir uns Stück für Stück den Zollhäuschen nähern, steigt die Aufregung, wie die Grenzbeamten auf unseren kleinen Konvoi reagieren werden. Zwei der Busse sind bis unter das Dach mit Umzugskisten und Säcken voller Winterklamotten, Zelten, Schuhen und Schlafsäcken vollgestopft. Unsere Bemühungen, für die Hilfsgüter eine offizielle Bestellung einer der registrierten NGOs zu bekommen, sind leider im Sande verlaufen. Die Vorstellung, dass die Grenzbeamten die Türen des ersten Sprinters öffnen und ihnen ein Schwall von Kisten und Säcke entgegen fällt, lässt uns eine Zigarette nach der anderen rauchen.

Zollkontrolle

Danija und Moritz sitzen im ersten Bus. Wir setzen unsere gesamten Hoffnungen in Danijas Verhandlungsgeschick. Als Einzige, die bosnisch spricht, ist sie unsere Kommunikationsschnittstelle zu den wartenden Zöllnern. Wir schieben uns weiter vor und erreichen die Ausreisekontrolle der kroatischen Polizei. Hier werden unsere deutschen Pässe nur kurz in der Hand gewogen und mit einem beiläufigen Blick begutachtet. Jetzt steht der Sprinter an der bosnischen Einreisekontrolle. Durch die verschmierten Scheiben von „Rusty“ versuche ich zu erkennen, was passiert. Tatsächlich, der Grenzer winkt den Sprinter durch. Spontan macht sich Erleichterung in meinem Körper breit. Der Sprinter setzt sich in Bewegung und rollt in Richtung der dunklen bosnischen Landstraße, die hinter der taghellen Grenzbeleuchtung kaum auszumachen ist. Plötzlich kommt Bewegung in die Zollbeamten, die ich zuvor nicht beachtet habe, welche hinter der Passkontrolle an der Parkbucht stehen. Mit hektischen Armbewegungen bedeuten sie Danija und Moritz stehen zu bleiben und rechts ran zu fahren. Mein Magen zieht sich zusammen. Ich dachte wir wären durch.

Bosnisch sprechen hilft

Nacheinander müssen nun die drei Transporter in der Parkbucht auf bosnischer Seite halten. Ich sehe im Vorbeifahren, wie Danija aus dem Sprinter steigt und mit dem Grenzer diskutiert. Jetzt gehen sie zum Heck des Fahrzeugs und der Beamte fordert sie auf die Flügeltüren zu öffnen. Hier und jetzt, an dieser Stelle, gehts in die Hose, denke ich, gleich fallen Kistenweise Klamotten aus dem Bus und das wars dann. Wir ziehen an dem Sprinter vorbei und halten selbst in der Parkbucht, während ein Beamter an unser Fenster tritt und uns noch einmal auffordert unsere Pässe abzugeben. Was hinter uns passiert, bekommen wir nicht mehr mit. Auch wir sollen jetzt unsere Heckklappe öffnen und ein Großer Sack mit Schuhen poltert dem Grenzer vor die Füße. Wir schauen den Grenzer an, zucken mit den Schultern und er verschwindet mit unseren Pässen zu seinen Kollegen, die sich offensichtlich angeregt mit Danija unterhalten. Wir halten uns im Hintergrund. Das Gespräch zwischen Danija und den Beamten wirkt von Minute zu Minute lockerer. Jetzt lacht der Grenzbeamte und gibt Danija die Liste mit unseren Hilfsgütern und die Pässe zurück. Als wir dazukommen, entfernen sich die Beamten in Richtung der beheizten Häuschen. Wir können weiterfahren!

Die Busse vor unserer Herberge

Jovial

Velika Kladusa liegt unmittelbar hinter der Grenze. Keine zehn Minuten nach unserer Abfahrt kommen wir auch schon vor dem Mehrfamilienhaus an, in dem wir für die nächsten Tage untergebracht sein werden. Später erzählt Danija, dass der Grenzer uns hat fahren lassen, weil sie so „sweet“ sei und in Sarajevo aufgewachsen ist. Er lasse uns „auf seine Verantwortung“ weiterfahren. Großzügiger Mann.

Grundschule BiLingo sammelt für den Kölner Spendenkonvoi

Am Dienstag veranstaltete die Grundschule BiLingo in Köln-Braunsfeld ihren Adventsflohmarkt. Die Schüler*innen boten selbst gebastelten Weihnachtsschmuck und andere Kunstwerke zum Verkauf an, außerdem war eine tolle Weihnachtsperformance auf der Bühne der Aula zu sehen. Nach einer kurzen Vorstellung unsererseits konnte die Auktion zu Gunsten des Spendenkonvois beginnen. Die Elternschaft der Schule hatte verschiedene Kunstwerke, Beratungsgutscheine, Portraitsitzungen und ein Drei-Gänge-Menü vom Profikoch zur Verfügung gestellt, welche mit einem tollen Spendenergebnis versteigert werden konnten. Auch die Erlöse aus den verkauften Kunstwerken der Kinder ging an den Kölner Spendenkonvoi.

Frau Mädge und Mr. Curry als Auktionatoren bei der Versteigerung zu Gunsten des Kölner Spendenkonvoi

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Schüler*innen, Eltern, Lehrer*innen und der Schulleitung für diese wunderbare Initiative!

Back to the Roots – Jonathan, Danija und Lukas wieder zurück in der Grundschule

Die Schließung und die Folgen

Nach verschiedenen Medienberichten ist das inoffizielle Lager Vucjak auf einer alten Mülldeponie nahe der kroatischen Grenze im Laufe der letzten Woche geräumt worden. Dies bestätigen auch unsere Kontakte vor Ort wie das Helferteam um den Journalisten Dirk Planert. Zunächst ist dies eine gute Nachricht, da die Zustände im Lager Vucjak vor allem mit dem einsetzenden Schneefall zunehmend menschenunwürdig und daher untragbar waren.

Oft die einzige Möglichkeit sich zu wärmen – © Angélica Sánchez

Leider hat diese Entwicklung nicht nur positive Auswirkungen, denn nur ein Teil der Menschen, die in Vucjak untergebracht waren, ist mit den Bussen der Behörden in die neu eröffneten Lager in der Nähe der bosnischen Hauptstadt Sarajevo gebracht worden. Viele der Geflüchteten wollen einer Registrierung in diesen Lagern jedoch entgehen, da die Aufnahme eines Asylverfahrens in EU-Staaten damit so gut wie aussichtslos wird. Außerdem liegen die Lager um Sarajevo gute 500 km weiter südlich und damit weit weg von der kroatischen Grenze und dem schmalen Korridor über kroatisches Gebiet in den Schengenraum.

Statt sich auf ihrem Weg in Richtung EU so weit zurückwerfen zu lassen, entscheiden sich viele Flüchtende dafür in der Grenzregion zu bleiben und verstecken sich in den umliegenden Wäldern oder versuchen Unterschlupf in verlassenen Gebäuden und verfallenen Tierställen zu finden. So campieren momentan hunderte Geflüchtete unter freiem Himmel, ohne jegliche Infrastruktur, in teilweise vermintem Gelände bei Schnee und zweistelligen Minustemperaturen. Besonders Besorgnis erregend ist, so berichten uns die Helfenden vor Ort, dass unter den Menschen, die sie halb erfroren aus den Wäldern bergen, leider auch immer wieder Kinder anzutreffen sind.
Hier müssen wir aktiv werden!

Spendenziel erreicht!

Vor wenigen Tagen haben wir unser selbst gestecktes Spendenziel von 5.000 € erreicht! Das freut uns ungemein und wir wollen uns auch auf diesem Wege schon einmal für Euer aller Engagement bedanken. Sowohl bei den Kleider- und Sachspenden als auch bei den Geldspenden konnten wir uns über großartige Zuwendungen freuen!
Vielen Dank!

Die bereits beschriebene Situation vor Ort macht jedoch deutlich, dass auch weitere Spenden gebraucht werden. Vor allem für die Anschaffung halbwegs winterfester Zelte, Zeltöfen und medizinischer Versorgung. Behandlungen von Erfrierungen und Knochenbrüchen bei Ärzten oder in Krankenhäusern müssen finanziert werden sowie die Eindämmung des um sich greifenden Krätzebefalls und der steigenden Zahl der Tuberkuloseerkrankungen.

Auch unser Kleiderspendenlager füllt sich! – ©Jonathan Sieger

Lokales Engagement

In der Grenzregion um Bihac und Velika Kladusa gibt es bei aller Skepsis immer noch viele Einheimische, die sich mit viel Herzblut und dem Wenigen, was sie selbst haben für die Geflüchteten einsetzen und damit auch einen wichtigen Beitrag zum Kontakt mit der lokalen Bevölkerung leisten. Geflüchteten wird weitgehend verboten die lokalen Cafés oder öffentliche Orte zu besuchen. Daher gibt es private Initiativen, die Räume schaffen, an denen Geflüchtete und Anwohner sich begegnen können. Oft resultiert die Empathie der Initiatoren aus der eigenen Fluchterfahrung zur Zeit des Jugoslavienkrieges in den 1990er Jahren. Die Möglichkeit die Erfahrung von Flucht und Vertreibung nachzuvollziehen ist ein wertvolles Gut in der Verständigung zwischen Einheimischen und Geflüchteten.
Auch diese Initiativen wollen wir mit Euren Spenden unterstützen.

Vernetzung mit anderen Organisationen

Die Vernetzung mit Organisationen, die ähnliche Ziele verfolgen und deren Engagement wir schätzen und mit denen wir uns gegenseitig unterstützen ist uns sehr wichtig. Ob vor Ort in Bosnien und Serbien oder hier in Köln, Berlin oder München.
So haben wir gerade vom Refugees Foundation e.V. aus Köln großartige Unterstützung mit Verbandsmaterial erhalten. Vielen Dank!
www.refugees-foundation.org

Gemeinsam mit der Seebrücke auf der Domplatte

Wer heute über die Domplatte zum Weihnachtsmarkt gegangen ist, hat das Boot der Seebrücke kaum übersehen können. Trixi, Giorgio und Jonathan durften sich den Aktivisti der Seebrücke mit ihrem Blickfang netterweise anschließen. Sie nutzten die Möglichkeit Passanten auf die aktuelle Situation auf dem Balkan aufmerksam zu machen.
Dafür danken wir unseren Freunden von der Seebrücke Köln!
www.seebruecke.org

Am 21.11.2019 hatten wir ein volles Haus im Theater im Bauturm. Insgesamt haben wir an dem Abend 1.722 Euro eigenommen. Tausend Dank an die großzügigen Spender*innen.

Mit den bereits eingegangenen Spenden über unser Spendenkonto haben wir insgesamt 4600 Euro. Da die Lage sich gerade dramatisch zu verschlimmern scheint, sind wir froh durch Ihre Spenden vor Ort helfen zu können. Mittlerweile hat sich der Spendenkonvoi erweitert. Wir werden zusammen mit Danjia Krieg, Lukas Rick und Moritz Rüger einen dritten Transporter haben, der den Konvoi nach Bosnien begleitet. An dieser Stelle danke Moritz und Lukas für euer Engagement.

Wir brauchen Eure Hilfe! Eure Altkleidung ist gefragt! Kommt zu unseren Sammelstellen

Wir haben mittlerweile vier Sammelstellen in Köln und Umgebung:
1. Kalk Kapelle // ganztägig // Ansprechpartner: Giorgio Morra (giorgio.morra@koelner-spendenkonvoi.de)
2. Ehrenfeld/Bocklemünd // ganztägig // Ansprechpartnerin: Trixi Haller (beatrice.haller@koelner-spendenkonvoi.de)
3. Innenstadt/Ebertplatz // Mo-Fr 10-17:00 Uhr // Ansprechpartner: Jonathan Sieger (jonathan.sieger@koelner-spendenkonvoi.de)
4. Hürth-Efferen // ganztägig // Ansprechpartner: Moritz Rüger (moritz.rueger@koelner-spendenkonvoi.de) oder 01577-0258445

Keine Lust auf Emails? Ruf einfach an unter: 0172-944-52-78

Was wird gebraucht?
Gebraucht wird, alles was warm hält, sprich Decken, Zelte, Schlafsäcke, Planen, Handschuhe, Socken, Mützen, Jacken, Hosen, Pullis, Schuhe etc. Alles was bei kalten Temperaturen jenseits der Nullgradgrenze zum Warmhalten hilft. Nachdem die NGOs vor Ort ausreichend versorgt sind mit Frauen- und Kinderkleidung, liegt unser Fokus auf Männerkleidung. Da wir nur begrenzten Platz in unseren 3 Transportern haben, bitten wir unsere Priorisierung zu verstehen.